Thorsten Werner und Juniorchef Felix Morsch posieren in der Tischlerei-Werkstatt in einem Fensterrahmen
Ein geschätzter Kollege im Team der Tischlerei Morsch: der schwerbehinderte Mitarbeiter Thorsten Werner (l.) mit Juniorchef Felix Morsch. Alle Fotos: Uwe Zucchi

Nach schwerem Unfall zurück ins Handwerk

Tischlerei Morsch profitiert von schwerbehindertem Mitarbeiter – und dieser von Zuschüssen des LWV Hessen Integrationsamtes

Ein Unfall stellte Thorsten Werners Leben vor 32 Jahren von heute auf morgen auf den Kopf. Sein linkes Bein musste amputiert werden und der Wunsch, wieder in seinem Beruf als Schreiner zu arbeiten, rückte zunächst in weite Ferne. „Für mich war immer klar, dass mich ein Bürojob nicht glücklich macht. Ich wollte zurück ins Handwerk“, erzählt der 55-Jährige, der sich mit viel Ausdauer zurück ins Leben und in die Berufstätigkeit gekämpft hat. Eine Anstellung fand er schließlich in der Tischlerei Morsch in Wabern-Uttershausen. „Die Firma ist sehr sozial eingestellt. Man hat mir vieles ermöglicht.“ Dafür sei er dem Inhaber, Tischlermeister Ralf Morsch, sehr dankbar.

Seit 15 Jahren gehört Thorsten Werner nun zum Team der Tischlerei, das von Möbelbau und Inneneinrichtung über den Bau von Fenstern, Türen und Treppen bis zu Wintergärten ein breites Produkt-Spektrum abdeckt. Das kleine Familienunternehmen war damals noch nicht verpflichtet, einen Menschen mit Behinderung zu beschäftigen. Vielmehr waren es Fähigkeiten und Sympathie, die überzeugten, Thorsten Werner ins Team zu holen, wie Juniorchef Felix Morsch erklärt: „Thorsten bringt nicht nur fachlich einiges mit, es passt auch menschlich sehr gut.“ Zurzeit ist der Schreiner mit einer halben Stelle beschäftigt, da er nebenher auch ein eigenes Gewerbe betreibt. Doch schon bald wird er auf eine Vollzeitstelle wechseln.

Bei seiner täglichen Arbeit merkt man Thorsten Werner fast nichts von seiner Behinderung an. Dennoch sind die körperlich anstrengenden Tätigkeiten, die in einer Tischlerei anfallen, eine Herausforderung für ihn. Die neuen Maschinen und Hilfsmittel, die der Betrieb jetzt mithilfe von Zuschüssen des LWV Hessen Integrationsamtes angeschafft hat, erleichtern dem 55-Jährigen die Arbeit ungemein. Gemeinsam mit seinem persönlichen Ansprechpartner beim Integrationsamt, Nils Görner, und dem fachlichen Berater Wolfgang Holzki wurden individuelle Lösungen für einen behinderungsgerecht gestalteten Arbeitsplatz entwickelt. Ein elektrisch höhenverstellbarer Arbeitstisch gehört ebenso zu den Neuerungen wie zwei Vakuum-Sauganlagen zum Heben und Bewegen schwerer Werkstücke. Die größte Anschaffung ist eine automatische Kantenanleimmaschine, die deutlich einfacher zu bedienen ist als ihr Vorgängermodell.

Arbeitsschritte, bei denen vorher zwei Personen notwendig waren, kann Thorsten Werner nun allein und ohne großen Aufwand bewältigen. „Der Unterschied ist enorm“, sagt er. Große Platten hebt er nun mit Leichtigkeit von einer Stelle zur anderen. Und auch das „Anfahren“ von Werkstücken an die neue Maschine sei dank des mobilen Arbeitstischs ein Leichtes.

Insgesamt hat das Integrationsamt die behindertengerechten Neuanschaffungen der Tischlerei mit einem sechsstelligen Betrag gefördert. „Wir möchten Unternehmen dabei unterstützen, die Arbeitsbedingungen für Menschen mit Schwerbehinderung nachhaltig zu verbessern“, sagt Nils Görner vom Fachbereich Behinderte Menschen im Beruf, der mit der Tischlerei Morsch seit einigen Monaten in engem Austausch steht. Manchmal reichten bereits kleine Maßnahmen aus. In anderen Fällen seien weitreichende Veränderungen notwendig.

FACHLICHER BERATER ANALYSIERT ARBEITSUMFELD

Die Begleitung der Betriebe geht deshalb weit über die Bearbeitung und Bewilligung von Anträgen hinaus: „Bei größeren Investitionen schauen wir uns vor Ort an, was sinnvoll ist und wie man den Arbeitsalltag erleichtern kann“, erklärt Görner. Bei diesen Terminen sei stets auch ein Ingenieur als fachlicher Berater dabei, der Arbeitsprozesse genau beurteilen könne. Ebenso kann er ganzheitlich das gesamte Umfeld des Arbeitsplatzes analysieren und so weitere behinderungsgerechte Verbesserungen aufzeigen. „Sein Blick trägt oft dazu bei, neue Ideen zu entwickeln und Veränderungen anzustoßen“, so Nils Görner.

Der Nutzen ist letztlich ein doppelter: Die Hilfsmittel und Maschinen kommen nicht nur Thorsten Werner, sondern der gesamten Belegschaft der Tischlerei zugute. Felix Morsch lobt zudem die unkomplizierte Zusammenarbeit und den netten persönlichen Kontakt mit dem Integrationsamt. „Vom Antrag über Vor-Ort-Termine bis zur schnellen Genehmigung war alles sehr angenehm.“ Man fühle sich ernst genommen und gut beraten.

HINTERGRUND: FÖRDERUNG DURCH DAS INTEGRATIONSAMT

Die Unterstützungsleistungen des LWV Hessen Integrationsamtes sollen dazu beitragen, die Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellte behinderte Menschen am Arbeitsleben zu sichern. Dies schließt mit ein, dass schwerbehinderte Menschen auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse einsetzen können. Hierfür können Beschäftigte und Arbeitgeber Zuschüsse erhalten. Zum Beispiel, wenn es um die Einrichtung von behinderungsgerechten Arbeitsplätzen und die Anschaffung von Hilfsmitteln geht, die den Arbeitsalltag deutlich erleichtern.

Auch bei Maßnahmen, von denen mehrere schwerbehinderte Arbeitnehmer profitieren, zum Beispiel bei der barrierefreien Gestaltung einer ganzen Abteilung, beteiligt sich das Integrationsamt an den Kosten.

Finanziert werden diese Unterstützungsleistungen über die Ausgleichsabgabe. Nach dem Neunten Sozialgesetzbuch müssen Arbeitgeber mit 20 oder mehr Beschäftigten mindestens fünf Prozent Schwerbehinderte beschäftigen. Tun sie das nicht, müssen sie Ausgleichsabgabe bezahlen.

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