Tim Wunder ist der Lagermeister: Er stapelt Säcke mit Gips und Quarzsand, sortiert Schrauben und räumt Fliesen in die richtigen Regale. Im Fuhrpark tankt er die Fahrzeuge auf und lädt Material für die Baustellen auf den Hänger. Und er hat sogar den Baumaschinen-Führerschein erlangen können. Dabei kann Tim Wunder kaum lesen und schreiben. Beim Bauunternehmen Haaß im nordhessischen Frielendorf-Todenhausen ist der 31-Jährige ein geschätztes Mitglied des Teams – ebenso wie Nils Bindhammer, der die Firma seit drei Jahren als Bauhelfer unterstützt.
„DIE FIRMA KÃœMMERT SICH SEHR UM DIE MITARBEITER“
Die vorbildliche Integration wurde vom Hessischen Ministerium für Arbeit, Integration, Jugend und Soziales mit dem Landespreis für beispielhafte Beschäftigung und Integration schwerbehinderter Menschen ausgezeichnet: „Die Preisträger beweisen, was bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung möglich ist“, lobte Arbeits- und Sozialministerin Heike Hofmann bei der Preisübergabe. Auf dem Weg dorthin gab es viel Unterstützung vom Landeswohlfahrtsverband, der – als investive Maßnahme für die Neuschaffung von Arbeitsplätzen – einen Bagger und einen Radlader finanzierte. „Die Firma kümmert sich sehr gut um die Mitarbeiter, damit es läuft“, freut sich Nils Görner vom LWV Hessen Integrationsamt.Â
![Tim Wunder auf seinem Lieblingsgefährt: Wenn er auf den Gabelstapler steigt, strahlt er über das ganze Gesicht. Tim Wunder beim Einsteigen in den Gabeistapler](https://blog.lwv-hessen.de/wp-content/uploads/2025/01/haassbau-rkw-250123-2404-bearb.jpg)
![Nils Bindhammer, seit 2022 beim Bauunternehmen Haaß, ist richtig gut darin, mit dem Radlader zu rangieren. Nils Bindhammer beim Aussteigen aus dem Radlader](https://blog.lwv-hessen.de/wp-content/uploads/2025/01/haassbau-rkw-250123-2203-bearb-1-683x1024.jpg)
![Ausgeprägter Ordnungssinn: Tim Wunder räumt Rohre und andere Baumaterialien an die richtige Ecke. Tim Wunder sortiert Rohre auf einen Haufen](https://blog.lwv-hessen.de/wp-content/uploads/2025/01/haassbau-rkw-250123-2527-bearb.jpg)
Dabei ging die Initiative ursprünglich von Tim Wunder selbst aus. 2013 stand er eines Tages vor der Tür des Unternehmens und bewarb sich um ein Praktikum. Er wollte raus aus der Werkstatt in Hephata, wo er bis dahin in der Montage gearbeitet hatte. Und die Firma gab ihm eine Chance. Dadurch lernte das Unternehmen einen zuverlässigen, hilfsbereiten und sehr ordentlichen Mitarbeiter kennen, der jeden Morgen pünktlich um 6.30 Uhr auf der Matte stand und sich nützlich machte, wo er konnte.
„ES IST NICHT IMMER ALLES EINFACH“
Unternehmensgründer Ralf Haaß sagt aber auch: „Es ist nicht immer alles einfach.“ Tatsächlich brauchte Tim Wunder drei Jahre, um den Baumaschinen-Führerschein zu schaffen, und auch die Sache mit dem Zollstock war eine echte Herausforderung. Wenn Fehler passieren, nehme er sich das allerdings immer sehr zu Herzen, erzählt die Assistentin der Geschäftsleitung, Jasmin Hahn. Und die Pannen passierten ihm auch kein zweites Mal.
Tims ausgeprägter Ordnungssinn kommt dem Lager sehr zugute. Dort räumt er nicht nur Rohre, Kabel und Zement in die richtige Ecke. Er sorgt auch dafür, dass Asphaltschneider, Rüttelplatten, fahrbare Schubkarren und Bagger immer sauber sind. Und wenn er mal nichts zu tun hat, leert er die Mülleimer und fegt den Hof. Sein Lieblingsgefährt ist der Gabelstapler. Wenn er auf das Fahrzeug steigt, um schwere Säcke in die hohen Regale zu hieven, strahlt er über das ganze Gesicht.
HILFE BEI ALLEM, WAS MIT ZAHLEN ZU TUN HAT
Der 31-Jährige gehört schon lange selbstverständlich zur Belegschaft des Familienunternehmens mit seinen 46 Mitarbeitern. Jasmin Hahn hilft ihm bei allem, was mit Schrift und Zahlen zu tun hat. Die Kollegen sammelten sogar für den Kauf eines Mini-Autos mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern, mit dem er Material zu den Baustellen fahren kann. Es wurde dann vom Integrationsamt bezuschusst.
![Nils Bindhammer unterstützt die Kollegen mit Baumaterial schippen und transportieren und Malerarbeiten – will aber jetzt auch den Anhänger-Führerschein machen. Nils Bindhammer mit Schubkarre und Schippe auf dem Baumaterial-Lagerplatz](https://blog.lwv-hessen.de/wp-content/uploads/2025/01/haassbau-rkw-250123-2447-bearb-1024x681.jpg)
![Im Lager ist Tim Wunder in seinem Element. Er sotiert und stapelt, wie hier die Holzlatten, und sorgt dafür, dass die Bau-Gerätschaften immer sauber sind. Tim Wunder beim Sortieren von Holzlatten im Lager](https://blog.lwv-hessen.de/wp-content/uploads/2025/01/haassbau-rkw-250123-2291-bearb-1024x681.jpg)
 „Die Kollegen sind alle in Ordnung“, sagt auch Nils Bindhammer, der ebenso wie Tim Wunder aus einer Werkstatt von Hephata kam. Er startete allerdings erst 2022. Inzwischen war er schon auf vielen Baustellen des Unternehmens, das sich mit Schlüsselfertigbau sowie Aufträgen für Kommunen, Schulen und Energieversorger einen Namen gemacht hat. Seine Kollegen sind froh, wenn er Kies und Erde schippt, Tapeten abreißt oder bei Malerarbeiten hilft. Und er ist auch richtig gut darin, mit dem Radlader zu rangieren und Pflastersteine exakt da abzuladen, wo sie sein sollen. Jetzt will er noch – mit finanzieller Unterstützung des LWV – den Anhänger-Führerschein machen.
EIN TEAM, DAS SICH GUT ERGÄNZT
Nils Bindhammer und Tim Wunder ergänzen sich auch gut, wenn sie zum Beispiel gemeinsam Bäume schneiden oder zur Pflege einer Böschung ausrücken. Beide sind inzwischen bei der örtlichen Feuerwehr ihres Wohnortes aktiv. Tim Wunder wohnt mittlerweile in einer eigenen Wohnung in Todenhausen. „Das ist ein Meilenstein für ihn“, weiß Jasmin Hahn: „Er kommt in seinem Leben allein klar.“ Und sie freut sich über seine pfiffigen Ideen.
Die Arbeit bei dem Bauunternehmen bezeichnen beide als Traumjob. Sie kommen auch fast immer mit guter Laune zur Arbeit. Tim Wunder ist sogar so motiviert, dass er eigentlich nie Urlaub machen möchte.