Der Beikoch beim Zusammenbauen des Kochkessels
Beikoch Michail Anzupow baut den stählernen Kochkessel zusammen. Der 28-jährige Autist ist einer der acht behinderten Mitarbeitenden im inklusiven Team. (alle Fotos: Salome Roessler)

Inklusives Team wuppt 1.200 Essen

LWV fördert die Frankfurter Cook Company

Im Kühlhaus stapeln sich dutzende Behälter mit frischen Spätzle – und der Kochkessel, in dem gerade noch 50 Liter Tomatensoße gerührt wurden, ist schon wieder picobello sauber. Für morgen ist alles vorbereitet, damit ab fünf Uhr in der Frühe Milchreis darin gekocht werden kann.

Chefkoch Eric Becker weist auf die Pfannen, Töpfe und Backöfen: „Eigentlich alles wie zu Hause“, sagt er mit einem Lächeln. Aber so ganz stimmt das nicht. Bei der Frankfurter Cook Company ist alles deutlich größer dimensioniert als in der heimischen Küche. Im Stadtteil Bergen-Enkheim werden täglich um die 1.200 Essensportionen frisch zubereitet und an unterschiedliche Kunden in der Stadt und im Umland geliefert, darunter Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, eine Schule, Kindertagesstätten, Reha-Einrichtungen und Unternehmen.

Aber eine beliebige Großküche oder ein ganz gewöhnliches Catering-Unternehmen ist die Cook-Company gemeinnützige GmbH auch nicht. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht auffällt: Die Küchenhelfer sind allesamt Menschen mit Behinderungen – mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen, psychischen Problemen, gehörlos wie der Fahrer, der die Essensportionen ausliefert, oder Autisten wie Beikoch Michail Anzupow.

Der 28-Jährige hat als Praktikant in der Cook Company angefangen, wurde dann als Küchenhelfer eingestellt und ist seit 2023 als Beikoch fest angestellt. „Ich komme gut klar“, berichtet er stolz. Eigentlich sei seine Arbeitszeit von sechs bis 14 Uhr, aber gerade fange er immer schon um fünf an, „Minusstunden wieder reinholen“. Manchmal, wenn es ihm zu hektisch werde an seinem Arbeitsplatz, dann gehe er „ein bisschen raus, Luft holen, dann geht´s wieder weiter.“

„BETRIEB, DER KOSTENDECKEND ARBEITEN MUSS“

Von Eric Becker, dem Küchenleiter, und Carsten Becker, seinem Stellvertreter, erfordert das viel Feingefühl. Die beiden ausgebildeten Köche sind nicht nur für den Menüplan, die Rezepte, die Zubereitung der Speisen, das Abschmecken und Verfeinern zuständig. Sie müssen auch acht behinderte Mitarbeiter anleiten, betreuen, nach ihren Stärken und Schwächen einsetzen, reagieren, wenn einer oder eine mal einen schlechten Tag hat. Und dürfen dabei nicht außer Acht lassen, dass die Cook Company auch „ein ganz normaler Betrieb ist, der kostendeckend arbeiten muss und möglichst schwarze Zahlen schreibt“, wie Projektleiter Holger Moeller berichtet.

TÄGLICH DREI VERSCHIEDENE ESSEN ZUR AUSWAHL

Nach der Corona-Pandemie, die allen Catering-Unternehmen ebenso wie Restaurants und Betriebsküchen schwer zu schaffen machte, laufe der Betrieb jetzt wieder sehr gut, sagt Moeller. Drei verschiedene Essen bietet die Cook Company ihren Kunden täglich zur Auswahl, sieben Tage die Woche. Immer gibt es die so genannte Vollkost, etwa Schweineschnitzel in Rahmsauce, Putengeschnetzeltes, Fisch oder Frikadelle. Als Alternative kann leichte Vollkost gewählt werden, das ist mal Wurstsalat oder Milchreis oder auch eine Currywurst. Und immer steht ein vegetarisches Essen auf dem Speiseplan wie Gemüseschnitzel, Linseneintopf und natürlich die allseits beliebten Nudelgerichte.

Die Rezepte entwickeln die beiden Beckers, die nicht verwandt sind, selbst. Aber auch Lieblingsrezepte dürften mitgebracht werden, um sie, wenn sie sich bewähren, in den Menüplan zu integrieren. „Einer ist immer verliebt“, beschreibt Küchenleiter Eric Becker das Prinzip, dass zwar Rezepte befolgt werden, es aber beim Würzen und Abschmecken, bei den Zutaten und besonderen Schmankerln durchaus auch etwas lockerer zugeht. „Unsere Essen schmecken immer ein bisschen anders“, ergänzt Carsten Becker. „Das ist gewollt, die Geschmacksnerven sollen ja auch trainiert werden.“

Denn letztlich entscheiden die Kunden, denen es schmeckt oder nicht, über den Erfolg der Köche. „Catering-Betriebe stehen nicht nur unter hohem Kostendruck“, berichtet Geschäftsführer Andreas Schadt. Qualität und der Geschmack spielen neben dem Preis eine große Rolle, wenn sich Unternehmen oder Schulen und soziale Einrichtungen für einen bestimmten Essenslieferanten entscheiden.

NEUE GESCHÄFTSFELDER ERSCHLOSSEN

Die Cook Company hat sich deshalb neue Geschäftsfelder erschlossen, etwa die Lieferung von Frühstück und Abendessen für eine soziale Wohneinrichtung in Frankfurt. Auch die Produktion von Suppen für eine Kundin, die auf Wochenmärkten in der Umgebung Suppenstände betreibt, gehört dazu. Und eine spezielle Suppe wurde auch für das Frankfurter Struwwelpeter-Museum entwickelt, die dort passend zur Geschichte vom Suppenkasper erstanden werden kann.

Noch etwas schleppend verläuft dagegen das Geschäft mit veganen Biosuppen, die an den Einzelhandel geliefert werden. Trotz des modernen Konzepts und der verlockenden Rezepte wie Rote-Linsen- oder Thai-Karotten-Suppen ist der Markt wegen des harten Preiskampfes schwierig, wie Moeller erfahren musste.

Umso dankbarer zeigen sich die Verantwortlichen und die gesamte Küchenbrigade, dass die Cook Company als so genannter Inklusionsbetrieb finanzielle Unterstützung von außen bekommt. Denn das Unternehmen, an dem die Frankfurter Werkgemeinschaft, die Lebenshilfe Frankfurt und die Praunheimer Werkstätten beteiligt sind, muss und will investieren, um konkurrenzfähig zu sein und so die Arbeitsplätze für das inklusive Team zu sichern. Ein neues Kühlhaus ist nötig, um die Speisen zu lagern, ein zweiter Kochkessel mit Rührwerk wird dringend gebraucht. „Nur wenn wir gut ausgerüstet sind, können wir das wirtschaftliche Überleben sichern“, sagt Holger Moeller.

Ein Konzept, das auch den LWV überzeugt: LWV-Landesdirektorin Susanne Simmler brachte Ende Februar persönlich einen Bewilligungsbescheid in Höhe von 101.867 Euro für die Modernisierungsmaßnahmen vorbei und holte sich bei einem Rundgang durch die blitzblanke Küchenlandschaft Appetit auf die nächste Mahlzeit der Cook Company.

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