Bianca Schmidt vom LWV Hessen Integrationsamt bei ihrem Vortrag
Bianca Schmidt vom LWV Hessen Integrationsamt veranschaulichte anhand von praxisnahen Beispielen den besonderen Kündigungsschutz (alle Fotos: Uwe Zucchi)

„Sie sind die Experten im Betrieb“

Schwerbehindertenvertretungen und ihre wichtige Rolle beim besonderen Kündigungsschutz

Knapp 90 engagierte Schwerbehindertenvertretungen, Inklusionsbeauftrage der Arbeitgeber sowie Betriebs- oder Personalräte aus den Regionen Ost- und Mittelhessen nahmen an einer Fachtagung des VdK Hessen-Thüringen e. V. und des LWV Hessen Integrationsamtes in Großenlüder teil. Im Fokus dieser Tagungen, die jährlich unter dem Motto „Gut informiert mehr erreichen!“ an mehreren Orten in ganz Hessen stattfinden, stehen in 2025 der besondere Kündigungsschutz sowie die Möglichkeiten des Übergangs vom Arbeitsleben zur Rente.

Bianca Schmidt vom LWV Hessen Integrationsamt beginnt ihren Vortrag mit einer Frage: „Wer von Ihnen hat bereits bei einem Kündigungsschutzverfahren mitgewirkt?“ Alle schauen sich gespannt um und wirken erstaunt. Weniger als die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Großenlüder hat derlei Erfahrungen mit dem Integrationsamt gemacht. Umso motivierter ist Bianca Schmidt, bei der Fachtagung über den so genannten „besonderen Kündigungsschutz“ zu berichten und aufzuklären. „Ein Thema, das nicht aktueller und dringender sein könnte“, hatte zuvor auch Silvia Krämer, Landesjuniorenvertreterin des Sozialverband VdK Hessen-Thüringen e. V., in ihrer Begrüßung gesagt.

WAS IST DAS BESONDERE?

„Aber was genau ist das Besondere am besonderen Kündigungsschutz?“, fragt Bianca Schmidt in die Runde – und beantwortet die Frage schließlich selbst. Das Besondere ist das vorgeschaltete Kündigungsschutzverfahren beim Integrationsamt und der geschützte Personenkreis. Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber vor der Kündigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmers die Zustimmung des Integrationsamtes einholen muss.

Bianca Schmidt geht auf weitere Details ein: Wann ist die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich? Was passiert, wenn fälschlicherweise keine Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt wurde? Wie läuft das Kündigungsschutzverfahren beim Integrationsamt ab? Durch die Verwendung vieler praxisnaher Beispiele gelingt es ihr, das Thema des besonderen Kündigungsschutzes für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verständlich und anschaulich zu machen.

SCHWERBEHINDERTENVERTRETUNGEN MÜSSEN INFORMIERT WERDEN

Gerade die betriebliche Schwerbehindertenvertretung hat eine wichtige Rolle im Prozess des Kündigungsschutzverfahrens, wie Bianca Schmidt verdeutlicht. Diese beginne schon, bevor der eigentliche Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt gestellt wird. Denn im Rahmen der Informationspflicht des Arbeitgebers hat dieser die Schwerbehindertenvertretung über Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis oder über die Absicht des Arbeitgebers, einen schwerbehinderten Mitarbeiter zu kündigen, zu informieren.

Und auch im laufenden Kündigungsschutzverfahren sei laut Bianca Schmidt die Rolle der Schwerbehindertenvertretung nicht zu unterschätzen. „Für uns sind ihre Stellungnahmen sehr wichtig“, betont sie. Denn mithilfe aller Stellungnahmen würden sich die Mitarbeitenden des Integrationsamtes einen umfassenden Überblick als Grundlage für ihre Entscheidung verschaffen. In der sogenannten Kündigungsverhandlung kommt der Schwerbehindertenvertretung ebenso eine wichtige Rolle zu. Denn dort können die Belange der schwerbehinderten Menschen nochmals hervorgehoben und gute Gründe für ihre Beschäftigung durch Praxisbeispiele angeführt werden. „Sie sind die Experten im Betrieb“, sagt Bianca Schmidt motivierend und appelliert an die Teilnehmenden, ihr Ehrenamt in diesem Sinne zu verstehen.

ZU JUNG FÜR DIE RENTE – WAS DANN?

Doch was passiert, wenn das Integrationsamt einer Kündigung zugestimmt und der Arbeitgeber die Kündigung wirksam ausgesprochen hat? Katharina Söhne, Leiterin des Referats Betriebsarbeit des Sozialverbands VdK Hessen-Thüringen e.V., schildert im zweiten Teil der Fachtagung ein Dilemma, in dem sich viele Menschen mit Behinderung wiederfinden können: Die Betroffenen können nicht mehr im vorherigen Umfang arbeiten oder finden keinen neuen Arbeitsplatz, sind jedoch noch zu jung, um in Rente zu gehen.

Wie geht es nun weiter? Kann ich in Rente gehen? Welche Rente kommt für mich in Frage? Der VdK befasst sich regelmäßig mit diesen Fragen, die Betroffene an den Sozialverband herantragen. Katharina Söhne greift sie in ihrem Vortrag auf und stellt die verschiedenen Rentenarten anschaulich vor. Sie verdeutlicht dabei, wie maßgeblich das Alter des Betroffenen ist. Denn davon abhängig, kämen verschiedene Renten in Betracht. Für einen Älteren seien dies beispielsweise die Rente für Menschen mit Schwerbehinderung, die Rente für langjährig Versicherte oder die Rente für besonders langjährig Versicherte. Ist der Betroffene aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig und zu jung für eine Rente wegen Alters, so kommt hingegen eine Erwerbsminderungsrente in Betracht. Vorher muss stets geprüft werden, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben das Arbeitsverhältnis sichern können.

INFO-STÄNDE UND EXPERTEN-BERATUNG

In der Pause hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie bei jeder Fachtagung, die Möglichkeit, sich an den Informationsständen der Deutschen Rentenversicherung Hessen, der Agentur für Arbeit, des Hessischen Amts für Versorgung und Soziales, des kommunalen Jobcenters, des örtlichen Integrationsfachdienstes, des VdK und des Integrationsamtes beraten zu lassen. 20 Expertinnen und Experten standen für Fragen zur Verfügung. Im regen Austausch wurden neue Kontakte geknüpft, interessante Gespräche geführt und viel Informationsmaterial verteilt.

VIER WEITERE FACHTAGUNGEN: PLANEN SIE IHRE TEILNAHME!

In der zweiten Jahreshälfte finden vier weitere Fachtagungen in Nord-, Süd- und Mittelhessen statt. Ziel der Veranstaltungen ist es, die Schwerbehindertenvertretungen, Inklusionsbeauftrage der Arbeitgeber und Betriebs- oder Personalräte über aktuelle Themen des Schwerbehindertenrechts zu informieren und in den Dialog zu treten. Die betrieblichen Akteure können sich zudem untereinander vernetzen und sich mit den regionalen Experten für Sozial- und Schwerbehindertenrecht austauschen.

DIE TERMINE

  • Dienstag, 02.09.2025, Baunatal
  • Donnerstag, 11.09.2025, Darmstadt-Wixhausen
  • Dienstag, 16.09.2025, Wetzlar

Für alle, die nicht mobil sind oder gesundheitsbedingt nicht mit vielen Menschen in Kontakt kommen möchten, bieten wir einen zusätzlichen Online-Termin an:

  • Dienstag, 30. September 2025

Sind Sie Schwerbehindertenvertreter, Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers oder Betriebs- bzw. Personalrat? Dann melden Sie sich jetzt für Ihre regionale Veranstaltung an – denn gut informiert erreichen Sie mehr!

Informationen zur Anmeldung

SBV-Tagungen in Hessen
Referat Veranstaltungen
Telefon: 069 714002-28
Telefax: 069 714002-16
www.ehrenamtsakademie.de/sbv
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