Die AIDS-Hilfe Hessen und der LWV Hessen haben jetzt wieder die Tradition der gemeinsamen Jahrestagungen fortgesetzt. „Nachdem diese jährliche Fachtagung während der Corona-Pandemie und einer anschließenden längeren Anlaufphase einige Jahre nicht stattfinden konnte, sind wir sehr froh, dass wir die Jahrestagungen jetzt wieder gemeinsam durchführen können“, betonte Florian Beger, Landesgeschäftsführer der AIDS-Hilfe Hessen. Markus Schmidt, Fachbereichsleiter Teilhabe Mitte beim LWV, stimmte da voll und ganz zu und ergänzte: „Diese Veranstaltungen brauchen wir, sie sind für die Praxis von großer Relevanz.“
Unter dem Leitthema HIV/AIDS im Alter trafen sich 26 Teilnehmende im Erwin-Piscator-Haus in Marburg. Mehr als 50.000 Menschen in Deutschland mit HIV/AIDS sind über 50 Jahre alt und das wird in Zukunft wohl noch deutlich zunehmen. Dies unterstreiche die zunehmende Bedeutung des Themas, so die Expertinnen und Experten.

Barbara Passolt (AIDS-Hilfe Kassel) und Nina Baghery (AIDS-Hilfe Hessen) führten mit einem komprimierten Vortrag „Basiswissen“ in die Tagung ein. Errungenschaften der Medizin und daraus resultierende Therapiemöglichkeiten, aber auch die Arbeit der hessischen AIDS-Hilfen in der Vermittlung solcher Therapien, seien wesentliche Faktoren dafür, dass HIV/AIDS in der weit überwiegenden Zahl der Fälle inzwischen keine lebensbedrohliche Diagnose mehr sein muss.
IMMER NOCH VIELE VORURTEILE
Trotzdem beeinträchtigen die Vorurteile gegenüber HIV/AIDS (Stigmatisierung) und die damit verbundene Diskriminierung das Leben von über 52 % der betroffenen Personen. Überraschenderweise erleben Betroffene Stigmatisierung und Diskriminierung besonders im Gesundheitswesen, einem Bereich, der im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung eigentlich besser aufgeklärt und informiert sein sollte.
„Nothing about us without us! Partizipativ, informativ und herausfordernd- Leben mit HIV im Alter“ – so lautet der Titel eines Forschungsprojekts, über das anschließend Anka Hellauer von der Deutschen Aidshilfe informierte. Im Rahmen dieses Projekts wurden Umfragen durchgeführt, die die Zielgruppen der Menschen mit HIV/AIDS, sowie Beratende umfassen. Die interessanten Ergebnisse sind öffentlich und können unter dem folgenden Link eingesehen werden:
https://www.aidshilfe.de/medien/wp-content/uploads/2025/07/Dokumentation-Befragungen.pdf
In einer ersten sehr lebendigen Reflexions- und Fragerunde wurde der Vormittag abgerundet.

Florin Beger, Claudia Ak (JES Bundesvorstand) und Martina Libera (PRO PLUS Hessen) eröffneten den Nachmittag der Tagung in einem Bühnengespräch und tauschten sich konkret zu Aspekten des Älterwerdens mit HIV/AIDS aus. Als ein zentrales Problem wurde dabei deutlich, dass Personen mit mehreren Diagnosen (z.B. Abhängigkeitserkrankung und HIV-AIDS) Schwierigkeiten haben, in Pflegeeinrichtungen aufgenommen zu werden. Insbesondere im sogenannten „Dritten Lebensabschnitt“ seien die betroffenen Personen von Vereinsamung und nachlassenden Selbstversorgungsfähigkeiten bedroht. Dem gelte es entgegenzuwirken.
INTENSIVE EINBLICKE DURCH SPANNENDE PRAXISFÄLLE
An vier anonymisierten Praxisfällen der hessischen AIDS-Hilfen wurde anschließend in gemischten Kleingruppen über Besonderheiten der Zielgruppe „Menschen mit HIV/AIDS im Dritten Lebensabschnitt“ und „Möglichkeiten und Grenzen der Eingliederungshilfe“ beraten und teilweise auch kontrovers diskutiert. Hervorzuheben ist die herausfordernde Aufgabe, in der Bedarfserhebung/Teilhabeplanung altersbedingte und behinderungsbedingte Unterstützungsbedarfe zu identifizieren und voneinander abzugrenzen.
„Ich denke, alle Teilnehmenden haben von diesem informativen Tag, der in überaus angenehmer Atmosphäre stattfand, viele Impulse für die weitere Arbeit und für die nächsten Tagungen mitgenommen“, so das ausgesprochen positive Fazit von LWV-Fachbereichsleiter Markus Schmidt. Die nächste Jahrestagung ist schon fest im Kalender eingeplant.